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KOLUMBIEN: Absage an eine Förderung des "Plan Colombia"

Aachen, Bonn, Stuttgart, Osnabrück, 16.06.2000

Sehr geehrter Herr Fischer,
sehr geehrte Frau Wieczorek-Zeul,
wir wenden uns heute in einer dringenden und uns bedrängenden Angelegenheit an Sie:
Die Unterstützung des sogenannten "Plan Colombia" hat in den letzten Monaten sowohl in Kolumbien wie in den USA zu heftigen und kontroversen Debatten geführt. Auch die Bundesregierung und die Europäische Union werden von der kolumbianischen Regierung um Unterstützung dieses Hilfsprogramms gebeten. Am 19. Juni wird in London ein Vorbereitungstreffen für die europäische Geberkonferenz am 7. Juli in Madrid stattfinden. Dabei werden außer den EU-Regierungen auch die USA, Kanada, Japan und multilaterale Banken vertreten sein.
In einem Schreiben an das Lateinamerika-Komitee des Ministerrates der EU vom 10. Mai, das wir diesem Brief beifügen, haben wir - gemeinsam mit anderen europäischen Nichtregierungsorganisationen - bereits darauf hingewiesen, dass eine Unterstützung des "Plan Colombia" unserer Meinung nach nicht zu mehr Frieden, sozialer Gerechtigkeit und positiven Resultaten bei der Drogenbekämpfung führen wird.
Auch die Neufassung des "Plan Colombia" kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Maßnahmenpaket vor allem US-Interessen (Drogenbekämpfung, regionale Sicherheit, Ressourcensicherung) entspricht. Zwischen 70 und 80% des US-Anteils zur Förderung des Gesamtprogramms sind für Militärausgaben vorgesehen. Kolumbien ist derzeit das drittwichtigste Empfängerland von US-Militärhilfe.
Die Teile des Hilfspakets, die der EU vorgelegt werden, sind ziviler Natur. Ein Kriegsplan wird aber nicht zu einem Friedensplan, nur dadurch, dass ihm soziale Maßnahmen beigeordnet werden. Unser Land und die EU dürfen nicht dafür herhalten, humanitäre Programme, die Konsequenz militärischer und repressiver Einsätze sind, kompensierend zu unterstützen. Auch geht es nicht an, zwischen "guten" (friedensfördernden) und "schlechten" (militärischen) Teilen des "Plan Colombia" zu unterscheiden. Er kann nur als Gesamtprogramm - also integral - bewertet werden.
Infolge dieser Einschätzung lehnen wir eine politische und finanzielle Beteiligung der Bundesregierung und der EU an der Förderung dieses Hilfspaketes grundsätzlich ab.
Mit der Aufforderung an die Bundesregierung, den "Plan Colombia" - auch nicht in Einzelmaßnahmen - zu unterstützen, möchten wir auch die Stimme unserer Partnerorganisationen und der demokratischen Öffentlichkeit Kolumbiens wiedergeben, die die Umsetzung dieses Programms als eine weitere Gefährdung für Frieden und Menschenrechte in Kolumbien und ihrer eigenen Arbeit erachten. In einer gemeinsamen Erklärung vom 7. Juni appellieren Friedens- und Menschenrechtsgruppen, Gewerkschafts- und Indígena-Organisationen, kirchliche Netzwerke und politische Verbände - darunter viele unserer Partnerorganisationen:

  • "Wir lehnen den Plan Colombia ab, da er einem autoritären Verständnis von nationaler Sicherheit entspricht, das ausschließlich auf einer Strategie der Drogenbekämpfung gründet; er führt zu einem Eskalieren des sozialen und des bewaffneten Konfliktes und ist keine wirkliche Lösung für das Drogenproblem. Er bringt den Friedensprozess in große Gefahr. Er bedroht die indigenen Völker und die Erhaltung ihrer Kulturen und Lebensformen. Er wird das Ökosystem des Amazonas-Tieflandes stark beeinträchtigen, die humanitäre und die Menschenrechtskrise verschärfen, das Problem der internen Flüchtlinge und die soziale und politische Krise vergrößern.
  • Wir fordern von der kolumbianischen Regierung (...), das Konzept der Nationalen Sicherheit, wie es im Plan Colombia formuliert ist, durch ein Konzept der Sicherheit für die Bürger und Bürgerinnen zu ersetzen, das die Erfüllung der bürgerlichen und politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte voranstellt und das Zugehörigkeitsgefühl der Bürger und Bürgerinnen (zur Nation - d.Ü.) zum Pfeiler der nationalen Souveränität macht.
  • Wir bitten die internationale Gemeinschaft, bei der Unterstützung Kolumbiens die Prinzipien der Verteidigung des Lebens, der Menschenrechte, der Sozialentwicklung und des Schutzes der Umwelt zu berücksichtigen."

Gemeinsam mit unseren Partnern glauben wir, dass Kolumbien auf dem Weg zu einem dauerhaften und stabilen Frieden internationale Unterstützung benötigt. Diese muss jedoch von Grundsätzen geleitet sein, die sich an einer Integration von Friedens- und Menschenrechtspolitik orientieren und vor allem zivile - und keine militärischen - Maßnahmen und Hilfe beinhalten. Internationale Kooperation sollte - entsprechend den Menschenrechtsleitlinien der Bundesregierung und der EU - auch davon abhängig gemacht werden, dass die kolumbianische Regierung sichtbare und klare Schritte unternimmt, die Empfehlungen der VN-Menschenrechtsorgane in bezug auf Straflosigkeit und die Auflösung der paramilitärischen Gruppen umzusetzen.
Aus dem breiten zivilgesellschaftlichen Protest an dem "Plan Colombia" sollten Lehren gezogen werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, zum Aufbau eines wirklichen Friedens in Kolumbien beizutragen, indem sie Räume für einen kritischen Dialog öffnet. Bei der Geberkonferenz in Madrid sollten die gesellschaftlichen Gruppen, die den "Plan Colombia" als eine Bedrohung empfinden, vertreten sein und auf gleicher Ebene wie die Regierungen ihre Vorstellungen einer Gesellschaft vortragen können, die von Werten wie Gleichheit, Demokratie und einer integralen Erfüllung der Menschenrechte geprägt sind. Bei dem Vortreffen am 19. Juni in London sollten dafür die Weichen gestellt werden.
Wir würden uns freuen, wenn wir Ihnen unsere Vorschläge in einem persönlichen Gespräch vortragen könnten.

Mit freundlichen Grüßen
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